zurück | Leserbrief schreiben

  Datum: 02.11.2005

Hochwasser 1995 - Wieck in Angst
Die große November Reportage

Greifswald. Heute vor genau 10 Jahren (03.11.1995) , traf das schwerste Hochwasser, nach 1960, die Bevölkerung im Fischerdorf Greifswald-Wieck, mit einem Pegelstand von 1,77 NN, höher waren sie nur in den Jahren 1949, 1954, 1904 und 1913, doch viele Wiecker erinnern sich noch an die Flutkatastrophe von vor 10 Jahren ganz genau, "so etwas vergisst man nicht so schnell" meint die 85 - jährige Charlotte Nachbar,die schon viele Flutkatastrophen erlebte, "um 22 Uhr wurde ich von meinem Nachbarn aufmerksam gemacht" erzählt sie. "Wi hem Hochwoder!", ein Blick auf den Hof genügte, der Vorgarten stand völlig unter Wasser, der Bungalow und das Haus wurden nicht überschwemmt, da der Pegel schon zur Mitternachtsstunde wieder sank. Unruhig waren sie dennoch, denn ihre Großmutter erlebte das schwerste Hochwasser im 20. Jahrhundert, im Jahr 1904 mit einem Pegelstand von 2,39 über NN, Frau Nachbar kann sich an die Erzählungen erinnern, wie die Großmutter erzählte, Gardinen waren vereist, Schweine wurden in das Wohnzimmer verlegt.
Schwer betroffen war auch Familie Siebrand, die nah am Dorfplatz wohnten, "nicht zu vergessen welche Angst uns betraf als das Wasser in nur zwei Stunden anstieg. Unser Keller lief voller Wasser! Sansäcke türmten sich von unserer Haustür - kein rein und rauskommen - wir waren eingesperrt!"
Auch die Wiecker Fischverkäuferin Kati Haamann hatte es getroffen zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren mussten verpflegt werden, und aus dem Erdgeschoss in das Obergeschoss verlegt werden.
Am schwersten traf es vor allem Familie Schäfer, die direkt am Deich ihr Haus besitzen, "mein Mann war unterwegs auf der Artur Becker - als mein Nachbar mir mitteilte das wir Hochwasser bekommen werden, erschrack ich vor Angst, zusätzlich musste ich meine Mutter im Alter von 75 Jahren verpflegen, sowie die Mutter meines Mannes, die nicht laufen konnte - das Wasser stieg innerhalb von Minuten stark an ." Ein netter Nachbar nahm die beiden alten Damen auf, Monika Schäfer allerdings versank auf ihrem Grundstück bis zur Hüfte im Wasser, die Garage konnte nicht mehr geöffnet werden, sowie auch der Bungalow zur Vermietung an Feriengästen.
Um halb eins des vierten November wurde dann Entwarnung gegeben der Pegel sank. Doch die Wassermassen blieben noch weitere zwei Tage auf dem Hof - zurück blieben nur Schutt und Seealgen, die innerhalb einiger Tage beräumt wurden.
"Die Wiecker forderten seitdem eine zentrale Sandsackstelle in Wieck, die bis heute noch keinen Anklang gefunden hat.", so der 66- jährige Wiecker Peter Siebrand. "ich habe schon viele Fluten seit 1963 durchgemacht, doch das war die schwerste, seitdem ich hier wohne!"
Ende November läd der Heimatverein altes Wieck zu einer Infoveranstaltung wo auch ein Meteorologe vor Ort sein wird zusätzlich werden Wiecker ihre Geschichten vom Hochwasser erzählen.

Jürgen Röder und zahlreiche Wiecker stellten Bildmaterial zur Verfügung.  Bildergalerie

 
Charlotte Nachbar und Käthe Andre, sind mit 85 Jahren, mit die ältesten im Dorf.


Wieck meldete Land unter - am morgen des 4. November 1995.


Die Ladebower Gartensparte "Seeblick" stand völlig überschwommen.

 

  Autor:Sebastian Pohl, Foto: H.-Jürgen Röder, Sebastian Pohl